Experiment zu den Magdeburger Halbkugeln
Im Versuch wurden zwei Halbkugeln mit einem Innendurchmesser des Dichtungsringes von 100 mm verwendet. Dies ergibt eine innere Querschnittsfläche von 78,5 cm². Die maximal aufzuwendende Kraft bei einem Luftdruck von 1 bar entspricht somit 770 N. Wenn man unterstellt, dass die Kugeln nicht ideal ausgepumpt waren, verbleibt sicher immer noch eine Kraft, die einer Last von wenigstens 50kg entspricht. Zwei sportliche Männer sind sicher in der Lage, diese Kraft kurzzeitig aufzubringen. Das Problem besteht darin, ein Kräftepaar zu entwickeln. Wenn man versucht, die zweite Person wegzuziehen, wie dies beim Tauziehen der Fall ist, geht die an der Kugel angreifende Kraft gegen Null.
Auf
dem
ersten Video ist sichtbar, dass es nicht gelingt, die benötigte Maximalkraft
gegeneinander zu entwickeln. Da auch die Reibungskraft geringer ist, als die
benötigte Zugkraft, zieht man der gegenüberliegenden Person nur „den Boden
unter den Füssen“ weg. Um die Kugeln auseinanderzuziehen, sind folgende
Bedingungen zu erfüllen:
· Die Bodenhaftung muss höher sein, als die zum Trennen der Halbkugeln erforderliche Kraft.
· Es muss ein statisches Kräftegleichgewicht eingestellt werden, d.h. der Versuchspartner muss gleich stark sein. Eine Differenzkraft dient nur der Beschleunigung des Kugelschwerpunktes. Die der Beschleunigung entsprechende Kraft fehlt der zum Trennen der Halbkugeln erforderlichen statischen Komponente.
· Die entgegengerichteten Kraftvektoren müssen gleichzeitig wirken.
Im zweiten
Video wird zunächst eine Position eingenommen, bei der die nötige
Standfestigkeit erreicht werden kann. (Gegeneinanderstemmen der Füße). Verfolgt
man den Verlauf des Videos Bild für Bild, werden die Kugelhälften in dem Moment
auseinandergezogen, wo die Maximalkraft quasistatisch angreift – die Kugel
befindet sich in momentaner Ruhe. Das am Kugelschwerpunkt angreifende
Kräftepaar bewirkt keine Beschleunigung des Schwerpunktes. „In der Ruhe liegt
die Kraft“. Die oben aufgeführten Bedingungen wurden erfüllt:
·
Die
Bodenhaftung wurde nicht verloren
·
Es
stand ein gleichstarker Partner zur Verfügung
·
Es
wurde koordiniert vorgegangen
Im historischen Experiment wurden Kupferkugeln mit einem Innendurchmesser von 374 mm Innendurchmesser verwendet. Da der Durchmesser quadratisch in die Kraft eingeht, wäre im Idealfall ein Kraftaufwand von 10770 N erforderlich gewesen. Bei 2x8 Pferden also 1346 N je Pferd. Das ist etwa doppelt soviel, wie jeder Student in unserem Versuch aufbringen musste. Bekanntlich haben es die Pferde nicht geschafft.
Woran
kann das gelegen haben? Bei dem Gezerre an der Kugel (siehe Video 1) ist die
Kraft ständig auf die gegenüberliegende Gruppe der Pferde übertragen worden.
Die Entwicklung der notwendigen Maximalkraft gelang nicht, da die Kugel ständig
in Bewegung gewesen sein muss. Je mehr Pferde, desto unkoordinierter die
Bewegung. Dafür wird beim historischen Experiment mächtig viel Staub
aufgewirbelt worden sein. Zumindest der Kaiser wird beeindruckt gewesen sein.
Der Nachweis der Existenz des Luftdruckes ist auf jeden Fall gelungen.
Vielleicht können wir froh sein, dass es die Pferde nicht geschafft haben. Ansonsten
hätte dem Guericke möglicherweise niemand geglaubt.