F3-Fadenpendel


Das mathematische Pendel

Die einfachste Beschreibung eines Pendels geht von einer in einem Punkt konzentrierten Masse $ m$ aus, die durch einen als masselos angenommenen Faden mit der Länge $ l$ im Schwerefeld fixiert ist. Wird der Massepunkt aus der Ruhelage um den Winkel $ \alpha_0$ ausgelenkt und wirken danach außer der Schwerkraft keine weiteren Kräfte auf den Massepunkt ein, so führt er eine periodische Bewegung um die Ruhelage aus. Die Bewegungsgleichung für ein solches ungedämpftes mathematisches Pendel lautet:

$\displaystyle m\,l\,\frac{d^2\alpha}{d t^2} = -m\;g\,\sin\alpha$ (1)

Mit der Beschränkung auf unendlich kleine Winkel kann diese durch die Näherung $ \sin\alpha = \alpha$ in die Schwingungsgleichung eines ungedämpften harmonischen Oszillators überführt werden.

$\displaystyle \frac{d^2\alpha}{d t^2} + \omega_0^2\,\alpha = 0 \mathrm{\hspace{5mm} mit \hspace{5mm}} \omega_0^2 = \frac{g}{l}$ (2)

Aus deren Lösung ergibt sich für die Periodendauer des mathematischen Pendels:

$\displaystyle T_0 = 2\,\pi\,\sqrt{\frac{l}{g}}$ (3)

Ohne die Beschränkung auf unendlich kleine Winkel erfordert die Lösung der Gleichung1 einen wesentlich höheren mathematischen Aufwand. Das sich ergebende vollständige elliptische Integral erster Art kann durch eine Reihenentwicklung gelöst werden und führt auf:

$\displaystyle T(\alpha_0) = T_0\left(1+
\left(\frac{1}{2}\right)^2\sin^2\left(...
...eft(\frac{5}{16}\right)^2\sin^6\left(\frac{\alpha_0}{2}\right)+
\cdots\right)
$

Die vollständige Herleitung findet man zum Beispiel in R.M.Dreizler, C.S.Lüdde (2008) (Kapitel 4.2.1, Seiten 162-169). Bei einer Beschränkung auf hinreichend kleine Winkel (einige Grad) kann diese Gleichung nach dem ersten Winkelterm abgebrochen werden und ergibt mit der Kleinwinkelnäherung $ \sin\alpha_0 \approx \alpha_0$ den in fast allen Fällen ausreichenden Ausdruck für die Periodendauer eines mathematischen Pendels

$\displaystyle T(\alpha_0) \approx T_0\left(1+\frac{\alpha_0^2}{16}\right)$ (4)

Erst wenn der Fehler, der durch den Abbruch der Reihenentwicklung und die erfolgte Kleinwinkelnäherung entsteht, die Größenordnung der Messunsicherheit erreicht, kann die Näherung (Gleichung4) nicht mehr angewendet werden.

Ein mathematisches Pendel lässt sich für praktische Messungen nicht realisieren. Der verwendete Massekörper besitzt immer eine endliche Ausdehnung und damit ein eigenes Trägheitsmoment um seinen Schwerpunkt, das die Periodendauer beeinflusst.

Das Fadenpendel als physikalisches Pendel

Für einen im Abstand $ a$ zu seinem Schwerpunkt aufgehängten starren Körper mit dem auf die Schwingungsachse bezogenem Trägheitsmoment $ J_A$ lautet die Bewegungsgleichung

$\displaystyle J_A \frac{d^2\alpha}{d t^2} = -m\;g\;a\,\sin\alpha
$

aus der sich analog zum mathematischen Pendel die Lösung für unendlich kleine Amplituden zu

$\displaystyle T_0 = 2\;\pi \sqrt{\frac{J_A}{m\;g\;a}}
$

ergibt. Aus dem Vergleich mit der Periodendauer des mathematischen Pendels (Gleichung3) und der Anwendung des Steinerschen Satzes folgt, dass für die Länge $ l_r$ eines mathematischen Pendels gleicher Periodendauer gelten muss:

$\displaystyle l_r = \frac{J_A}{m\;a} = \frac{J_s + m\;a^2}{m\; a} = a\;\left(1+\frac{J_s/m}{a^2}\right)
$

wobei $ J_s$ das auf den Schwerpunkt bezogene Trägheitsmoment des physikalischen Pendels ist. Der Term $ J_S/m$ wird im weiteren mit $ \mu$ bezeichnet. Die so definierte reduzierte Pendellänge

$\displaystyle l_r = a\left(1+\frac{\mu}{a^2}\right)$ (5)

führt das physikalische Pendel auf ein mathematisches Pendel zurück. Das Fadenpendel kann als ein Spezialfall des physikalischen Pendels betrachtet werden. Die gesamte Masse ist in dem an einem dünnen Faden, meist ein Stahldraht, aufgehängten, homogenen Pendelkörper konzentriert. Die Masse des Fadens wird gegenüber der Masse des Pendelkörpers vernachlässigt. Damit wird $ \mu$ nur durch die Form des Pendelkörpers bestimmt und kann berechnet werden. So gilt für eine Kugel mit dem Radius $ r$

$\displaystyle \mu = \frac{2}{5}\;r^2
$

und für einen Zylinder mit dem Durchmesser $ d$ und der Höhe $ h$, dessen Querachse parallel zur Schwingungsachse orientiert ist:

$\displaystyle \mu = \frac{1}{16}\,d^2\,+\;\frac{1}{12}\;h^2
$

Die Gleichung5 für die reduzierte Pendellänge kann dann zur Korrektur der gemessen Länge des Fadenpendels $ a$ benutzt werden. Für genauere Messungen ist diese Näherung allerdings nicht mehr ausreichend. Das Trägheitsmoment des Fadens muss mitberücksichtigt werden 1.

Messmethode

Aus Messungen der Periodendauer und der Pendellänge

Zur Bestimmung der Erdbeschleunigung $ g$ mit einem Fadenpendel sollte nach den obigen Überlegungen die Messung der Periodendauer $ T_0$ für einen vorgegebenen Schwerpunktabstand $ a$ ausreichen. Dabei sind die Gleichungen4 zur Korrektur der Amplitudenabhängigkeit und5 zur Korrektur der Pendellänge entsprechend anzuwenden. Zu Anfang des 19.Jahrhunderts wurde diese Methode

Aus der Abhängigkeit der Periodendauer von der Pendellänge

Im Jahr 1828 hat F.W.Bessel (1828) in seiner Schrift ,,Untersuchungen über die Länge des einfachen Secundenpendels`` einen anderen Weg zur Bestimmung der Erdbeschleunigung beschrieben. Er benutzte dazu ein Fadenpendel dessen Länge er um einen genau bekannten Betrag $ \Delta\,l$ verändern konnte. Aus den beiden Periodendauern des kurzen und des langen Pendels und dem bekannten Längenunterschied lässt sich $ g$ berechnen

$\displaystyle g = 4\pi^2\frac{\Delta\,l}{T_1^2 -T_2^2}
$

wobei $ T_1$ und $ T_2$ die auf eine unendlich kleine Amplitude korrigierten Messwerte für das lange beziehungsweise das kurze Pendel sind.

Wird das Pendel in mehreren Stufen $ \Delta\,l=x$ verkürzt und der Zusammenhang

$\displaystyle T_0^2(x) = 4\pi^2\left(\frac{l_0}{g} -\frac{1}{g}\,x\right) = \theta_1 + \theta_2\,x$ (6)

ausgewertet, so kann aus dem Anstieg $ \theta_2$ der sich ergebenden Geraden der Wert von $ g$ berechnet werden. Dabei bleibt jedoch die sich ergebende, nichtlineare Veränderung von $ l_r$ (Gleichung5) unberücksichtigt. Die notwendige Amplitudenkorrektur (Gleichung4) erfordert die ungefähre Kenntnis des unbekannten Wertes von $ l_0$.

Diese Schwierigkeiten treten nicht auf, wenn man den vollständigen, nichtlinearen Zusammenhang zwischen der gemessenen Zeit $ t(x)$ für $ n$ Schwingungsperioden zur Auswertung benutzt.

$\displaystyle t(x)$ $\displaystyle =$ $\displaystyle n\left[2\,\pi\,\left(1+\frac{1}{16}\left(\frac{a}{l_0-x}\right)^2...
...\sqrt{\frac{l_0-x}{g}\left(1+\frac{\mu}{(l_0-x)^2}\right)}\hspace{1.5mm}\right]$  
    mit$\displaystyle \hspace{2mm}\theta_1= l_0$   und$\displaystyle \hspace{2mm}\theta_2=g$ (7)

In dieser Funktion ist sowohl die Amplitudenkorrektur als auch die Berücksichtigung der reduzierten Pendellänge enthalten, während vom Einfluss des Fadens und dessen unterschiedlicher Länge abstrahiert wird.

Verglichen mit dem Fadenpendel ist eine wesentlich genauere Bestimmung der Erdbeschleunigung mit Hilfe des erstmals von Bohnenberger 1811 vorgeschlagenen Reversionspendel (Versuch M9) möglich.

Auswertung


Auswertung mit extern generierter Datentabelle

Der erste Schritt zur Auswertung ist die Erstellung einer Datentabelle, die die im weiteren benötigten von $ x$ abhängigen Messwerte $ t$ und deren Unsicherheit $ u_t$ sowie die daraus berechneten Größen
$\displaystyle T_0$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{t}{n}\,\,\frac{1}{1+\frac{1}{16}\alpha_0^2}$    mit $\displaystyle \alpha_0 = \arctan\left(\frac{a}{l}\right) \approx \frac{a}{l}$    und $\displaystyle l=l_0 - x$  
$\displaystyle u_{T_0}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{16 l \sqrt{4 a^2 t^2 \left(a^2 u_l^2+l^2 u_a^2\right)+l^2
\...
... l^2\right)^2\,u_t^2}}{n\,\left(a^2+16 l^2\right)^2}
\approx \frac{1}{n}\,u_{t}$  
$\displaystyle T_0^2$      
$\displaystyle u_{T_0^2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle 2\,T_0\, u_{T_0}$  

enthält. Als Längeneinheit bietet sich in diesem Versuch Millimeter und als Zeiteinheit Sekunden an.

Tabelle 1: Beispiel einer Datentabelle, erstellt mit einer Tabellenkalkulation. Die erste Zeile ist mit # als Kommentar gekennzeichnet
#x tmeasure utmeasure T0 uT0 T0quadrat uTOquadrat
0. 41.45 0.039480 2.071668 0.001973 4.291809 0.008176
0. 41.37 0.039479 2.067670 0.001973 4.275258 0.00816
40. 40.74 0.039472 2.036116 0.001973 4.145769 0.008033
40. 40.75 0.039472 2.036616 0.001973 4.147805 0.008035
80. 39.97 0.039463 1.997560 0.001972 3.990245 0.007879
80. 39.96 0.039463 1.997060 0.001972 3.988249 0.007877
120. 39.13 0.039453 1.955499 0.001972 3.823975 0.007711
120. 39.16 0.039453 1.956998 0.001972 3.829841 0.007717
160. 38.31 0.039443 1.914429 0.001971 3.665040 0.007547
160. 38.35 0.039444 1.916428 0.001971 3.672697 0.007555
200. 37.48 0.039434 1.872851 0.001970 3.507573 0.007381
200. 37.52 0.039434 1.874850 0.001971 3.515063 0.007389
240. 36.59 0.039423 1.828265 0.001970 3.342553 0.007203
240. 36.65 0.039424 1.831263 0.001970 3.353524 0.007215
280. 35.69 0.039413 1.783167 0.001969 3.179684 0.007023
280. 35.65 0.039413 1.781168 0.001969 3.172560 0.007015
320. 34.70 0.039402 1.733558 0.001968 3.005222 0.006825
320. 34.80 0.039403 1.738553 0.001969 3.022568 0.006845
360. 33.85 0.039392 1.690925 0.001968 2.859226 0.006655
360. 33.83 0.039392 1.689926 0.001968 2.855848 0.006651
400. 32.87 0.039380 1.641776 0.001967 2.695428 0.006459
400. 32.86 0.039380 1.641276 0.001967 2.693788 0.006457


Diese Tabelle sollte unter einem eindeutigen Namen (z.B. ¨daten-F3.txt¨) im Arbeitsverzeichnis von GnuPlot abgelegt werden. Danach kann das Programm GnuPlot gestartet werden. Als erstes sollte der Namen der Datendatei als Wert einer Variable festgelegt werden,

datafile="data-F3.txt"

damit bei späteren Änderungen des Dateinamens dieser nur einmal und nicht bei jedem Vorkommen geändert werden muss. Damit später die erste Zeile als Kommentarzeile erkannt wird, ist das Kommentarzeichen für Datendateien festzulegen.

set datafile commentschars #"

Dies entspricht der Vorgabeeinstellung auf den meisten Betriebssystemen. Es können auch mehrere verschiedene Zeichen festgelegt werden, zum Beispiel:

set datafile commentschars #%!"

Alle Zeilen die mit einem dieser Zeichen beginnen werden beim Lesen der Datendatei ignoriert. Im obigen Beispiel wird die erste Zeile mit den Spaltenbezeichnungen übersprungen.

Als nächstes erfolgt die Definition der Fitfunktion für das lineare Modell (Gleichung6)

tlin(x) = a1 + a2 * x

Da GnuPlot für aller Fitmodelle den gleichen iterativen Algorithmus verwendet müssen auch für in den Parametern lineare Probleme Startwerte vorab definiert werden. Diese lassen sich einfach mit Hilfe der Messdaten durch Abschätzung des Anfangs- und Endpunktes der vermuteten Geraden festlegen.

a1 = 4.2
a2 =(2.7 -4.2)/400


Im nächsten Schritt sind einige Einstellungen für die Ausgabe der Ergebnisse der Fit-Prozedur vorzunehmen.

  1. Bei der Berechnung der Unsicherheiten der Parameter soll der Wert von 'reduced chisquare` als Varianz der Gewichtseinheit berücksichtigt werden.
  2. Die berechneten Unsicherheiten der Parameter sollen in eigenen Variablen mit dem Namen der Parameter ergänzt um ¨_err¨ abgespeichert werden.
  3. Die berechneten Kovarianzterme sollen in eigenen Variablen gespeichert werden, die mit FIT_COV_ beginnen, gefolgt von den beiden durch einen ¨_¨ getrennten Parameternamen.


set fit errorscaling
set fit errorvariables
set fit covariancevariables
show fit


Danach werden alle Einstellungen der Prozedur fit zusammengefasst ausgegeben. Als nächstes kann sie aufgerufen werden. Es werden die Spalte 1 (x-Werte) und die Spalte 6 ($ T_0^2$) als Datenpunkte sowie die Spalte 7 ($ u_{T_0^2}$) für die Berechnung der Gewichte benutzt.

fit tlin(x) datafile using 1:6:7 yerr via a1,a2

Im Terminalfenster werden eine Vielzahl an Informationen über den Verlauf und das Ergebnis des Fits ausgegeben, die zusätzlich auch in der Datei ¨fit.log¨ festgehalten werden. Die wichtigsten Ergebnisse, die in extra Variablen gespeicherten Werte, können auch noch einmal zusätzlich mit der vollen Rechengenauigkeit ausgegeben werden.

print "a1 = ",a1
print "a2 = ",a2
print "sigma[a1] = ",a1_err
print "sigma[a2] = ",a2_err
print "COV[a1,a2] = ",FIT_COV_a1_a2


Die gesuchten Werte von $ g$ und $ l_0$ sowie deren Unsicherheiten lassen sich daraus berechnen und ausgeben.

print "g = ", -4*pi**2/a2
print "ug = ", 4*pi**2/a2**2*a2_err
print "l0 = ", -a1/a2
print "ul0 = ",-1/a2*sqrt(a1_err**2-2*a1/a2*FIT_COV_a1_a2+(a1/a2*a2_err)**2)


Mit den oben angegebene Daten erhält man aus dem linearen Fit
$ g = 9827.80064340171$ und $ u_g = 39.142865767192$ in $ mm/s^2$
$ l_0 = 1071.66968647653 $ und $ u_{l_0} = 3.433339298637$ in $ mm$
Gerundet nach DIN 1333 ergibt das
$ g = (9.83 \pm 0.04) m/s^2$
$ l_0 = (1072 \pm 4) mm$
als Endergebnis.

Abbildung 1: Abhängigkeit des Quadrates der Periodendauer von der Verkürzung x
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(114,76)
%% 114 x 76 mm
\include...
...width=114mm]{Abbildungen/T0quadrat-x}
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
Für die graphische Darstellung der Datenpunkte mit Fehlerbalken zusammen mit der angepassten Gerade sind die Achsenbeschriftungen und der Wertebereich der Achsen festzulegen bevor die plot Prozedur aufgerufen wird.

set xlabel "x [mm]"
set ylabel "T_0^2 [s^2]"
set xrange [-10:410]
set yrange [2.5:4.5]
plot datafile using 1:6:7 with errorbars pt 7 ps 0.25 title "measured data",\
tlin(x) title "linear fit"


Ändert man vor dem plot Befehl das Ausgabe Terminal für die erzeugte Grafik, wird diese in dem gewählten Ausgabeformat in einer Datei abgelegt, die später in andere Dokumente eingebunden werden kann. Mit den Befehlen

set terminal pdf linewidth 1 size 4.5,3
set output "T0quadrat-x.pdf"


schreibt die plot-Prozedur ein 114x76mm (4,5x3inch) großes PDF-Dokument, das die vollständige Grafik mit allen Beschriftungen enthält, in die Datei mit dem als Ausgabeziel angegebenen Namen.

Anstelle des linearen Geradenausgleichs kann auch direkt der Zusammenhang zwischen der gemessenen Zeit $ t$ für $ n$ Perioden und der Verkürzung des Pendelfadens $ x$ (Gleichung7) für einen nichtlinearen Fit genutzt werden. Die Einstellungen für die Fit-Prozedur, die festlegen, in welcher Art und Weise die Ausgabe der Ergebnisse erfolgt, sind die gleichen wie für den linearen Fit. Die zu bestimmenden Parameter sind $ g\rightarrow\mathrm{\textbf{a1}}$ und $ l_0\rightarrow\mathrm{\textbf{a2}}$. Auf den ersten Blick könnte man auch den Wert von $ \mu\rightarrow\mathrm{\textbf{a3}}$ als möglichen Fitparameter ansehen. Auf Grund der sich dann ergebenden sehr starken Korrelationen zwischen diesen drei Parametern führt ein solcher Fit nicht zu sinnvollen Ergebnissen. Damit kann die in den zwei gewählten Parametern nichtlineare Modellfunktion

tnl(x) = 2*n*pi*(1+1/16*(a/(a1-x))**2)*sqrt((a1-x)/a2*(1+mu/(a1-x)**2))

definiert werden. Um diese Funktion anzuwenden, sind die Variablen für die Anzahl der gemessenen Schwingungsperioden n und die benutzte Auslenkung des Pendels a mit den im Experiment verwendeten Werten zu belegen. Desweiteren wird für die Variable mu der Wert von $ \mu =J_s/m$ des zylindrischen Pendelkörpers benötigt, der aus den gemessenen Werten des Durchmessers und der Höhe berechnet wurde. Als Startwerte für a1 und a2 können plausible Werte von $ g$ und der gemessene Schwerpunktabstand bei maximaler Pendellänge genutzt werden, oder man verwendet die aus dem linearen Fit berechneten Werte.

n=20
a=85
mu=320
a1=l0
a2=g


Die Messunsicherheiten aller gemessenen Zeiten sind nahezu gleich, da die durch das Starten und Stoppen der Uhr per Hand bedingte Standardabweichung der Zeitmessung nicht oder nur sehr geringfügig von der gemessenen Zeit abhängt. Der systematische Restfehler der verwendeten Stoppuhr ist in dem gegebenen Zeitintervall ebenfalls nahezu unabhängig vom Messwert. Aus diesem Grund kann hier auf eine Gewichtung mit dem Fehler der Zeitmessung verzichtet werden. Die resultierende Gewichtsmatrix wäre die Einheitsmatrix.

Da die eingestellten Wertebereiche für die graphische Darstellung auch die Wertebereiche für die im Fit verwendeten Datenpunkte festlegen, sind diese Definitionen wieder aufzuheben.

unset xrange
unset yrange


Danach wird die Fit-Prozedur mit

fit tnl(x) datafile using 1:2 via a1,a2

gestartet. Die Ergebnisse für die gefundenen Fitparameter, die auch im Terminalfenster angezeigt werden, können zusätzlich noch mit der vollen Rechengenauigkeit ausgegeben werden.

print "a1 = ",a1
print "a2 = ",a2
print "sigma[a1] = ",a1_err
print "sigma[a2] = ",a2_err


Damit lautet das Ergebnis der nichtlinearen Fits

$ g = 9837.00765811897$ und $ u_g = 39.2255907147766$ in $ mm/s^2$
$ l_0 = 1073.21280995128$ und $ u_{l_0} = 3.44630698743534$ in $ mm$
Gerundet nach DIN 1333 ergibt das
$ g = (9.84\pm 0.04) m/s^2$
$ l_0 = (1073 \pm 4) mm$
als Endergebnis, welches sich im Rahmen der Unsicherheit nicht von dem Ergebnis des linearen Fits unterscheidet. Der Zusammenhang zwischen
Abbildung 2: Abhängigkeit der gemessenen Zeit (20 Perioden) von der Verkürzung x
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(114,76)
%% 114 x 76 mm
\includegraphics[width=114mm]{Abbildungen/t-x}
\end{picture}
\end{center}\end{figure}
der gemessenen Zeit und der Verkürzung des Pendels kann in einer Grafik dargestellt werden. Vor dem Aufruf der Plot-Prozedur sind die Wertebereiche der Achsen und deren Beschriftungen festzulegen.

set xrange [-10:410]
set yrange [32:42]
set xlabel "x [mm] set ylabel t [s] plot datafile using 1:2:3 with errorbars pt 7 ps 0.25 title "measured data",\
tnl(x) title "nonlinear fit"


Auch diese Darstellung kann in einer Datei abgespeichert werden, wenn zuvor das Grafikterminal entsprechend konfiguriert wurde.

Auswertung ohne Datentabelle

Man kann auch alle notwendigen Berechnungen direkt von Gnuplot ausführen lassen ohne vorher eine andere Software zu benutzen. Dazu werden die Messwertpaare (x,t) in eine Datei mit 2 Spalten geschrieben oder in Form einer inline Datei definiert und zur Berechnung aller notwendigen Daten verwendet. Im weiteren müssen alle Werte in den entsprechenden, gleichen Einheiten eingegeben werden. Als Längeneinheit ergeben Millimeter und als Zeiteinheit Sekunden sinnvolle Zahlenwerte.

$data << EOD
0. 41.45
0. 41.37
40. 40.74
40. 40.75
80. 39.97
80. 39.96
120. 39.13
120. 39.16
160. 38.31
160. 38.35
200. 37.48
200. 37.52
240. 36.59
240. 36.65
280. 35.69
280. 35.65
320. 34.70
320. 34.80
360. 33.85
360. 33.83
400. 32.87
400. 32.86
EOD


Desweiteren sind alle gemessenen Größen, die nicht in der (x,t)-Tabelle enthalten sind, und deren Unsicherheiten als Variable zu definieren. Dabei sind die gleichen Einheiten wie in der Datentabelle zu verwenden. Alle im weiteren verwendeten Zahlenwerte sind Beispielwerte und durch die Ergebnisse aus dem eigenen Experiment zu ersetzen. Es werden die folgenden Werte benötigt:
  1. die Standardabweichung der Zeitmessung am Nullpunkt, die im Teil1 des Versuchs bestimmt wurde

    STDt=0.029

  2. dessen Auslenkung und deren Unsicherheit, die für alle Messstellen x die gleiche sein sollte

    a=84; ua=1

  3. die Anzahl der gemessenen Perioden

    n=20

  4. die Größe $ \mu = J_s/m$ des Pendelkörpers aus Teil 1 des Versuches

    mu=320

    Diese wird bei der Auswertung mittels linearer Ausgleichsrechnung (Gleichung 6) vollständig vernachlässigt. Bei der nichtlinearer Ausgleichsrechnung (Gleichung 7) geht $ \mu$ nur in den Korrekturterm der Pendellänge (Gleichung 5) ein. Da $ \mu$ im Vergleich zu $ l^2$ an allen Messtellen als klein angesehen werden, wird hierbei der Einfluss von $ u_\mu$ auf die Unsicherheit von $ g$ vernachlässigt.

Nun können die zur Berechnung der verschiedenen Zwischenwerte notwendigen Funktionen definiert werden.

  1. Zur Berechnung des Zeitmessfehlers

    usysrUhr(t)=0.01+1/(24*3600)*t
    ut(t)=STDt+usysrUhr(t)


  2. Für die Amplitudenreduktion

    T0(x,t)=t/(1+a**2/16/(l0-x)**2)/n
    uT0(x,t)=16*(l0-x)/(a**2+16*(l0-x)**2)**2\
    *sqrt((2*a*(l0-x)*t*ua)**2+(2*a**2*t*ul0)**2\
    +((l0-x)*(a**2+16*(l0-x)**2)*ut(t))**2)/n


  3. Zur Berechnung von $ T_0^2$ und der Unsicherheit $ u_{T_0^2}$

    TQ(x,t)=T0(x,t)**2
    uTQ(x,t)=2*T0(x,t)*uT0(x,t)


Danach werden die lineare Fitfunktion

tlin(x) = a1 + a2 * x

und die notwendigen Startwerte

a1= 4*pi**2*l0/9810
a2= -4*pi**2/9810


festgelegt. Bei den Startwerten wird von der physikalischen Bedeutung der Parameter des linearen Modells (Gleichung6) und dem bekannten Näherungswert für die Erdbeschleunigung ausgegangen. Bevor der Fit-Prozedur mit

fit tlin(x) $data using 1:(TQ($1,$2)):(uTQ($1,$2)) yerr via a1,a2

gestartet wird, müssen die Einstellungen für die Ausgabe der Ergebnisse der Fit-Prozedur analog zum Abschnitt4.1 vorgenommen werden. Die Ausgabe der Fitparameter, ihrer Unsicherheiten und Kovarianz sowie die Berechnung und Ausgabe der gesuchten Ergebnisse erfolgt genauso wie im Abschnitt4.1 beschrieben. Mit den verwendeten Daten ergibt sich aus dem Linearen Fit
$ g = 9827.9546660055$ und $ u_g = 39.1639317874044$ in $ mm/s^2$
$ l_0 = 1071.68316763472$ und $ u_{l_0} = 3.43603232080987$ in $ mm$
Gerundet nach DIN 1333 ergibt das
$ g = (9.83 \pm 0.04) m/s^2$
$ l_0 = (1072 \pm 4) mm$
als Endergebnis. Die Erstellung der Grafik kann mit dem plot Befehl

plot $data using 1:(TQ($1,$2)):(uTQ($1,$2)) with errorbars pt 7 ps 0.25\
title "measured data", tlin(x) title "linear fit"


erfolgen. Zuvor sind die notwendigen Werte für die Wertebereiche und Beschriftungen der Achsen entsprechend festzulegen.

Nachdem die festgelegten Wertebereiche xrange und yrange für die Datenpunkte wieder zurückgesetzt wurden, kann die Fit Prozedur für die nichtlineare Fitfunktion aufgerufen werden.

fit tnl(x) $data using 1:2 via a1,a2

Eine Gewichtung erfolgt hier nicht, da die Unsicherheiten der Zeitmessung an allen Messstellen etwa gleich sind. Bevor der Fit gestartet wird sind entsprechende Startwerte festzulegen. Die Ergebnisse des Fits können wie oben beschrieben ausgegeben werden. Man erhält in diesem Fall aus den angegebenen Daten

$ g = 9837.00768525028$ und $ u_g = 39.2255913215029$ in $ mm/s^2$
$ l_0 = 1073.21282921494$ und $ u_{l_0} = 3.44630710879056$ in $ mm$
Gerundet nach DIN 1333 ergibt das
$ g = (9.84 \pm 0.04) m/s^2$
$ l_0 = (1073 \pm 4) mm$
als Endergebnis. Die Darstellung der sich ergebenden Fitfunktion zusammen mit den Daten und deren Unsicherheitsintervallen erfolgt mit

plot $data using 1:2:(ut($1)) with errorbars pt 7 ps 0.25\
title "measured data", tnl(x) title "nonlinear fit"


Die Wertebereiche und Beschriftungen sind wieder entsprechend festzulegen.

Literatur

Physikalisches Grundpraktikum: Einführungspraktikum Seiten 6-8
Mathematisch-Naturwissenschaftliche FakultätI der HUB
Institut für Physik 2007
http://gpr.physik.hu-berlin.de/Skripten/Einfuehrungspraktikum/PDF-Dateien/Einfuehrungspraktikum.pdf
abgerufen am 4.1.2016 11:02 Uhr

R.M. Dreizler und C.S. Lüdde
Theoretische Physik Band 1: Theoretische Mechanik
Springer 2008 ISBN 978-3-540-70557-4
http://www.springer.com/de/book/9783540705574
abgerufen am 2.2.2018 17:39 Uhr

F. W. Bessel
Untersuchungen über die Länge des einfachen Secundenpendels
Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (1828)



Fußnoten

... werden1
Das verwendete Pendel besteht aus einem Zylinder aus Blei (Durchmesser 45mm Höhe 50mm), dessen Achse senkrecht zur der Schwingungsachse ausgerichtet ist. Als Faden dient ein Stahldraht (Durchmesser 0,5mm Länge 1000mm). Eine Abschätzung mit dem GnuPlot-Skript Fadenpendel.gnuplot ergibt:
Masse Faden 1.543 g
m Pendelkörper 901.933 g
Masse Pendel 903.476 g
Schwerpunkt 1024.103 mm
JS Faden 128608.973 g $ \mathrm{mm}^2$
JS Pendelkörper 301997.426 g $ \mathrm{mm}^2$
JS Gesamt 855253.881 g $ \mathrm{mm}^2$
JA Pendel 948410.400 kg $ \mathrm{mm}^2$
mu Pendel 946.625 $ \mathrm{mm}^2$
lr mit Draht 1025.027 mm
Vernachlässigung des Drahtes
Schwerpunkt 1025.000 mm
m Pendelkörper 901.933 g
JS Pendelkörper 301997.426 g $ \mathrm{mm}^2$
JA Pendelkörper 947895.964 kg $ \mathrm{mm}^2$
mu Pendelkörper 334.833 g $ \mathrm{mm}^2$
lr ohne Draht 1025.327 mm
wobei die sich Aufhängung bei z=0 befindet. Man erkennt den nur geringen Einfluss sowohl des Pendelkörpers als auch des Fadens auf die reduzierten Pendellänge. Dabei ist der Effekt beider Einflüsse gegenläufig. Prinzipiell lässt sich so ein Fadenpendel konstruieren, für das gilt $ l_r = a$, wobei $ a$ der Abstand des Schwerpunktes des Massekörpers vom der Schwingungsachse ist .


Peter Schaefer 2018-02-20