Anleitung zum Praktikumsversuch RBS

Rutherford-Rückstreuung

Betreuer: Dr.A.  Mertens (Brook-Taylor-Straße 6, Raum 1'112,2093-7696), mertens@physik.hu-berlin.de
 

Raum: 190

Liste der Versuche

1. Thema: Untersuchung verschiedener Proben mit der RBS-Methode

2. Versuchsdauer: 1 Tag

3. Literatur
 
/1/ J. R. Tesmer, M. Nastasi, J.C. Barbour, C.J. Maggiore, J.W. Mayer: Handbook of Modern Ion Beam Materials Analysis Materials Research Society 1995, S. 37-81
/2/ L.C. Feldman and J.W. Mayer: Fundamentals of Surface and Thin Film Analysis North-Holland 1986, Chapter 3, S. 39-55 

4. Einführung in den Problemkreis

Die Rutherford-Rückstreu-Spektrometrie ist eine Methode zur Untersuchung von oberflächennahen dünnen Schichten mit Hilfe von schnellen Ionen mit Energien von typischerweise einigen 100 keV (für Protonen). Sie ermöglicht eine Untersuchungstiefe von bis zu ca. 1 mm und ist dabei sowohl massenselektiv als auch tiefensensitiv, d.h. es können Aussagen über die Zusammensetzung der Probe sowie die Tiefenverteilung der Materialien in der Probe gemacht werden.
 
       
Abb. 1 Prinzip der RBS-Meßanordnung         Abb. 2 Typisches RBS-Spektrum

Die Probe wird mit schnellen, leichten Ionen (H, He) beschossen, die im Coulombfeld der untersuchten Atome elastisch gestreut werden (bei großen Streuwinkeln Rutherford-Streuung). Dabei wird nach den Gesetzen der klassischen Mechanik ein Teil der Energie der Projektile auf die Targetatome übertragen. Informationen über die Zusammensetzung der Probe werden aus der Energieanalyse der unter festem Winkel rückgestreuten Teilchen gewonnen. Die Tiefenverteilung der Elemente in der Probe kann mit Hilfe des Energieverlustes der Projektile abgeleitet werden. Die Wahrscheinlichkeit für die Rückstreuung der eingeschossenen Ionen an den Targetatomen unter einem Winkel qwird durch den Rutherford-Streuquerschnitt ds/dW beschrieben:

(1)

wobei Eo die Energie der eingeschossenen Ionen Z1 und Z2 bzw. M1 und M2 die Kernladungszahlen bzw. Massen von Projektil- und Targetatom und e die Elementarladung sind.

Die Bestimmung der Massen der Targetatome erfolgt durch Auswertung der Peaks bzw. Kanten im Energiespektrum, da die Energie der rückgestreuten leichten Ionen durch die auf das Targetatom übertragene Rückstoßenergie bestimmt wird. Diese Energie hängt aufgrund der Kinematik des elastischen Stoßes nur von den Massen der Stoßpartner und dem Streuwinkel ab. Man definiert einen kinematischen Faktor k, der das Verhältnis der Energien der gestreuten Ionen vor und nach dem Stoß angibt.

Abb. 3

Aufgrund elektronischer Wechselwirkung verliert das Projektil auf dem Weg durch das Targetmaterial einen Energiebetrag DEin, überträgt danach beim Stoß entsprechend dem k-Faktor Energie auf das Targetatom und verliert dann wiederum bei Verlassen des Targets einen Energiebetrag DEout. Die Energieverluste DEin und DEout werden beschrieben durch :
 
bzw.

Da sich der Energieverlust im betrachteten Energiebereich nur sehr schwach ändert, kann er bei der Integration durch einen konstanten Wert genähert werden.
Damit ergibt sich die Energie eines senkrecht eingeschossenen, an einem Targetatom in der Tiefe t gestreuten und unter einem Winkel f2 austretenden Projektils :

E1(t) = k(E0 - DEin) - DEout

DE = kE0 - E 1 ist der zusätzliche Energieverlust gegenüber Streuung an der Oberfläche.

Setzt man näherungsweise (<E> mittlere Energie), so erhält man:
 
    (Energie-Tiefen-Skala) (3)

Hierbei sind f1 und f2 der Ein- bzw Austrittswinkel und dE/dx der elektronische Energieverlust in der Probe (siehe Tabellenwerke bzw. Computerprogramm TRIM).
Die Bestimmung der Konzentration der streuenden Atome in einer Probe kann z. B. durch die Auswertung der Höhe der Rückstreuausbeute der an der Oberfläche gestreuten Projektile erfolgen. Die Ausbeute wird durch den Rutherford-Streuquerschnitt ds/dWR, die Detektionsgeometrie, die Zahl der Streuzentren in der Probe, die Detektoreffizienz e, die Breite des Energiefensters des Detektors DEEAund den elektronischen Energieverlust in der Probe dE/dx eindeutig bestimmt. Im Praktikumsversuch wird mit einem elektrostatischen Energieanalysator gearbeitet, bei dem das Auflösungsvermögen konstant ist. Das bedeutet jedoch, daß das detektierte Energiefenster proportional zur Energie ist,
DEEA = C · E (C-Konstante).

(4)

W - detektierter Raumwinkel, Q - Zahl der einfallenden Teilchen, N - Atomdichte des betrachteten Materials in der Probe,
Dt - vom Detektor erfaßte Schichtdicke, f2 - Austrittswinkel, (für Einfallswinkel f1 = 0).

Ziel des Versuchs ist die Einarbeitung in das experimentelle Gebiet der atomaren Streuprozesse auf der Basis eines Einsatzes schneller Ionen.
Das Anwendungsbeispiel der Rutherford-Rückstreuung (RBS) ist als eine wichtige Methode der Analytik dünner Schichten von großer technologischer Bedeutung.

5. Aufgabenstellung
 
5.1. Messen Sie die RBS-Spektren verschiedener bekannter Proben bzw. Aufdampfschichten, und bestimmen Sie die Abhängigkeit des Rutherford-Streuquerschnitts von der Kernladung des Targets (bei gleicher Geometrie und Energie) aus der Ausbeute der rückgestreuten Ionen. 
Vergleichen Sie die experimentell gemessenen Energien der von der Oberfläche rückgestreuten Protonen mit den theoretischen Rückstreuenergien, und nutzen Sie das Ergebnis zur Beseitigung systematischer Fehler bei der Untersuchung unbekannter Proben.
5.2. Bestimmen Sie die Schichtdicken der vermessenen Aufdampfschichten mit Hilfe des elektronischen Energieverlustes der eingeschossenen Ionen in der Aufdampfschicht bzw. der integrierten Gesamtausbeute der rückgestreuten Ionen. 
5.3. Messen Sie das RBS-Spektrum einer in Sauerstoffatmosphäre getemperten Si-Probe, und bestimmen Sie daraus die Stöchiometrie der entstandenen Si0x-Schicht
5.4. Analysieren Sie eine Probe, deren Zusammensetzung und Konzentration der enthaltenen Elemente vor dem Versuch nicht bekannt ist. Es sind zwei Elemente nacheinander auf einem Trägermaterial aufgedampft worden.
5.5. Bestimmen Sie die Bestandteile einer 1-Pfennig-Münze.

6. Experimentelle Hinweise

Die Messungen erfolgen am RBS-Zweig des 350 keV-Ionenbeschleunigers des Instituts für Physik der HUB. Es sind entsprechende Sicherheitsbestimmungen unbedingt zu beachten. Der Zutritt zum Beschleunigerraum und Steuerraum ist nur berechtigten Personen gestattet. Am Meßplatz wird mit Hochspannungen bis 30 kV gearbeitet. Entsprechende Vorsicht im Umgang mit spannungsführenden Teilen und Komponenten ist geboten.

Fragen zur Vorbereitung auf den Versuch "Rutherford-Rückstreuung":
 
1. Wie lautet die Formel des Rutherford-Streuquerschnitts im Massenmittelpunktsystem?
2. Wann ist diese Formel im Laborsystem genähert anwendbar? 
3. Skizzieren Sie den Verlauf der RBS-Spektren für 
a.) eine 3-komponentige dicke Schicht (M3 < M2 < M1)
b.) eine 3-komponentige dünne Schicht auf einem Träger (MT < M3 < M2 < M1)
4. Überlegen Sie sich die Prinzipien eines elektrostatischen Energieanalysators!
5. Welche Möglichkeiten kennen Sie außerdem, um die gestreuten Protonen als Funktion der Energie zu detektieren?
6. Berechnen Sie den kinematischen Faktor k für die Streuung von Protonen für Targetmassen von 
6 < = M2 < = 108 und stellen Sie den Zusammenhang k = f(M2) grafisch dar! (E = 300 keV, 
Q = 135°)
7. Berechnen Sie für die in Aufg. 1 angegebenen Materialien die maximale Rückstreuenergie und den theoretischen Rutherfordstreuquerschnitt.

Versuchsdurchführung

Letzte Änderung: 21.06.99