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Rechenbeispiel: Dezimierung im zweidimensionalen Ising-Modell

Der Dezimierungsvorgang entspricht im einfachsten Fall dem Aufsummieren über die Ausrichtungen jedes zweiten Spins. Die Gitterplätze eines quadratischen Gitters werden durch die Paare $(i,j)$ natürlicher Zahlen numeriert. Die Spins mit $i+j$ gerade werden als $s_{ij}$ bezeichnet (diese werden eliminiert) und die Spins mit $i+j$ ungerade werden als $t_{ij}$ bezeichent (diese bleiben). Wir betrachten der Situation mit $h=0$, aber mit ''diagonalen'' WW zwischen den übernächsten Nachbarn. Die Zustandssumme lautet $Z=\exp(-\mathcal{H})$ mit $\mathcal{H}=H/kT$.

\begin{displaymath}
\mathcal{H}=-K\sum_{nn} \sigma_i \sigma_j -
L\sum_{{unn} \a...
...top {\displaystyle {i+j} \mbox{ ungerade}}} \sigma_i \sigma_j
\end{displaymath}

(unn: übernächste Nachbarn). Die Wechselwirkung mit nächsten und übernächsten Nachbarn ist gewellt, da die Eliminierung der ''geraden'' Spins in dem Gitter mit nur nn-Wechselwirkungen sofort die WW mit übernächsten Nachbarn verursacht.

\scalebox{0.80}{\includegraphics{Dezimat.eps}}

1. Schritt: Renormierund der ''Hamiltonfunktion''.

Die Wahrscheinlichkeiten der Spinskofigurationen in Ausgangssystem ist

\begin{displaymath}
P(\{\sigma_i\}) = \frac{1}{Z} \exp[-\mathcal{H}\{\sigma_i\}]
\end{displaymath}

In einem System nach der Blocktransformation ( $\sigma_i^{(n)}$ - neueSSpins) gilt

\begin{displaymath}
P(\{\sigma_i^{(n)}\}) = \frac{1}{Z^{(n)}} \exp[-\mathcal{H}\{\sigma_i^{(n)}\}]
\end{displaymath}

mit

\begin{displaymath}
Z^{(n)}=\sum_{\sigma_i^{(n)}} \exp[-\mathcal{H}\{\sigma_i^{(n)}\}].
\end{displaymath}

Das definiert die neue Hamiltonfkt. bis zu einer additiven Konstante:

\begin{displaymath}
\mathcal{H}\{\sigma_i^{(n)}\} = const + \ln P(\{\sigma_i^{(n)}\}).
\end{displaymath}

Die Marginale Verteilung $P(\{\sigma_i^{(n)}\})$ kann aus $P(\{\sigma_i\})$ durch Aufsummieren über die Ausrichtungen der zu eliminierenden Spins bestimmt werden. Die ''Konstante'' berücksichtigt auch die Ändeung der Systemgröße.

Man hat:

\begin{displaymath}
\mathcal{H}\{\sigma_i^{(n)}\} = const + \ln \sum
_{{\mbox{Al...
...x{der zu eliminierende Spins}}}
e^{-\mathcal{H}\{\sigma_i\}}.
\end{displaymath}

Um die Glieder zu vergleichen machen wir die Reihenentwicklung (bei höherem $T$)
    $\displaystyle \exp(-\mathcal{H}) \simeq 1 -\mathcal{H} + \frac{1}{2} \mathcal{H}^2 + ...
\simeq$  
    $\displaystyle 1 + K\sum_{nn} \sigma_i \sigma_j +
L\sum_{{\displaystyle {i+j}} \...
...}} \sigma_i \sigma_j
+K^2 \sum_{ijkl} \sigma_i \sigma_j \sigma_k \sigma_l + ...$  

Das 2. Glied verschwindet nach Aufsummieren über die geraden Plätze: es enthält genausoviele positive wie negative Summanden. Von dem letzten Glied bleiben nur die Summanden übrig wobei $\sigma_k$ und $\sigma_l$ derselbe Spin ist. Die effektive neue Hamilton-Fkt. liest sich als:

\begin{displaymath}
\mathcal{H}\{\sigma_i^{(n)}\} = const + (L + 2K^2)\sum_{nn}
...
...^2 \sum_{unn} \sigma_i^{(n)} \sigma_j^{(n)}
+ \mbox{den Rest}.
\end{displaymath}


2. Schritt: Renormierung des Parametervektors.

Wir sehen das die 2 Konstanten $(K,L)$, die die Hamiltonfkt. definieren wie folgt transformiert werden:

$\displaystyle K'$ $\textstyle =$ $\displaystyle 2K^2 + L$  
$\displaystyle L'$ $\textstyle =$ $\displaystyle K^2$  

Die Fixpunkte dieser Transformation sind die Lösungen des Gleichungsystems
$\displaystyle K^*$ $\textstyle =$ $\displaystyle 2{K^*}^2 + L^*$  
$\displaystyle L^*$ $\textstyle =$ $\displaystyle {K^*}^2 ,$  

i.e. 3 Vektoren:

\begin{displaymath}
\left( K \atop L \right) = \left( 0 \atop 0 \right), \quad
\...
...\infty \right)
\mbox{ oder } \left( {1/3} \atop {1/9} \right).
\end{displaymath}

Die ersten 2 Fixpunkte sind die triviale Fixpunkte: das (0,0) entspricht $J \rightarrow 0$ oder $T\rightarrow \infty $ (paramagnetische Zustand), das $(\infty, \infty)$ entspricht $J \rightarrow \infty$ oder $T\rightarrow 0$ (ferromagnetische Zustand), das dritte Punkt hat wahrscheinlich etwas mit dem Übergang zu tun.


3. Schritt: Linearisierung von R.

Nahe am Fixpunkt $\mathbf{p}^* = \left( {1/3}, {1/9} \right)$ hat man $\delta \mathbf{p}' = \mathbf{R} \delta \mathbf{p}$ mit

\begin{displaymath}
\mathbf{R} = \left(
\begin{array}{cc}
4K^* & 1 \\
2K^* & 0
\end{array} \right).
\end{displaymath}

Die Eigenwerte dieser Matrix sind $\lambda_{1,2} = 2K^* \pm \sqrt{ 4{K^*}^2 + 2K^*}$, i.e. $\lambda_1 = (2 + \sqrt{10})/3 >0 $ und $\lambda_1 = (2 - \sqrt{10})/3 < 0$ (Sattelpunkt, eine typische Situation). Der Fixpunkt (0,0) ist dagegen ein stabile Fixpunkt.


4. Schritt: Berechnung von $\nu $.

Bei der wiederhohlten Skalentransformation wird der Ausgangspunkt in einer Folge von Punkten $(K,L)$ abgebildet. Das allgemeine Verhalten dieser Folge hängt von der Position des Anfangpunkts auf der $(K,L)$-Ebene ab. Betrachten wir das Flußdiagramm der Transformation, siehe Bild.

\scalebox{0.30}{\includegraphics{Flowdi.eps}}

Für typische Werte der Anfangsparameter werden nach mehreren Iterationen die Punkte $(K,L)$ entweder an den stabilen Fixpunkt (0,0) angezogen ($T>Tc$, Paramagnet) oder entfernen sich zu immer größeren Werten von $K$ und $L$ (Ferromagnet). Es gibt aber die Menge der Anfangspunkten (eine Linie auf der $(K,L)$-Fläche), so dass nach mehreren Iterationen der Punkt $(K,L)$ immer näher an $(K^*,L^*)$ kommt. Diese Linie entspricht $T = T_c$. Bei jeder anderen Anfangsbedingung mit $T$ nahe am $T_c$ wird sich die Folge der Abbildungen $\mathbf{p}^{(n)}$ des Punktes im Parameterraum zuerst dem Punkt $(K^*,L^*)$ annähern, und dann, nach Erreichen eines Umkehtpunktes von ihm immer weiter abweichen. Diese Abweichung wird durch den positiven Eigenwert $\lambda_1$ beschrieben. Da $\mathbf{\delta p}=(K,L)-(K^*,L^*)$ in der 1. Ordnung von der Größenordnung von $T-T_c$ ist, $\mathbf{\delta p} \simeq \mathbf{y}(T-T_c)$, sehen wir, dass nach mehreren Iterationen $\mathbf{\delta p} \propto (T-T_c) \lambda_1^n$ wird. Dies wird bemerkbar, wenn $(T-T_c) \lambda_1^n \simeq 1$: Der Vektor $(K,L)$ tendiert dann gegen die Werte der Parameter, die typisch für para- oder ferromagnetischen Bereichen sind.

Anderseits entspricht jeder Schritt der Kadanoff-Transformation der Verkleinerung der Korrelationslänge um Faktor $L$, so dass $\xi^{(n)} = \xi/L^n$. Wenn $\xi^{(n)} \simeq 1$ bedeutet das, dass die neue Blockspins entweder völlig unkorreliert (im paramagnetischen Bereich) oder völlig korreliert (in ferromagnetischen Bereich) sind.

Eliminierung von $n$ aus dem System mittels der Beziehungen

$\displaystyle \frac{\xi}{L^n}$ $\textstyle \simeq$ $\displaystyle 1$  
$\displaystyle \vert T-T_c\vert \lambda_1^n$ $\textstyle \simeq$ $\displaystyle 1$  

ergibt $\xi \propto \vert T-T_c\vert^{(\ln L / \ln \lambda_1)}$. Verglichen mit der Definition $\xi \propto \vert T-T_c\vert^\nu$ ergibt das

\begin{displaymath}
\fbox{$\nu=\displaystyle \frac{\ln L}{\ln \lambda_1} $}.
\end{displaymath}

In unserem Modell währe es

\begin{displaymath}
\nu=\displaystyle \frac{\ln \sqrt 2}{\ln \left[(2+\sqrt{10})/3 \right]}
\approx 0.65.
\end{displaymath}

Das ist immer noch weit von der exakten Resultat $\nu=1$, aber immerhin besser, als das MFA-Resultat $\nu=1/2$. Grund: zu grobe Annahmen bei Kadanoff-Transformation (zu kleine $L$-Faktor).

Mit einigen Schwierigkeiten kann man auch die anderen Exponenten bestimmen.


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Prof. Igor Sokolov 2004-07-01