Der weiße Schatten

Bisher war nur der Schatten einer annähernd punktförmigen Lichtquelle Gegenstand unserer Betrachtungen. Mit dieser Einheit wird begonnen, weitere Schatten zu untersuchen.

Kantenwürfel

Als besonders spektakuläre Einführung dient uns ein Demoexperiment zum weißen Schatten. Dafür wird ein Würfel aus Kantenholz aufgehängt und mit der bisher genutzten Punktlichtquelle beleuchtet. Der bekannte schwarze Schatten des Würfels ist auf der Projektionsfläche zu sehen. Nun wird die Punktlichtquelle durch eine waagerecht aufgestellte, möglichst lange Stableuchte ersetzt. Umittelbar vor der Leuchte wird mittig ein schmaler Schattengeber eingebracht. Die Breite dieses Schattengebers richtet sich nach der Breite des Kantenholzes aus dem der Würfel besteht und der Entfernung dieses Würfels zur Leuchte. So sollte der Schattengeber in Sichtlinie Wand-Würfel-Schattengeber gerade noch von einem Kantenholz abgedeckt werden können.
Versetzt man den Würfel in Drehungen, so wird der weiße Schatten auf der Wand sichtbar. Selbst fr bereits Eingeweihte ist dieses Phänomen immer wieder ein faszinierendes Schauspiel, das sicherlich auch den Schülern gefällt. In dem folgenden Bild ist der weiße Schatten eines stabförmigen Schattengebers zu sehen.

weißer Schatten eines Stabes

Mit den Schülern wird anschließend diskutiert, wie es wohl zu dem weißen Schatten kommen könnte. Dazu werden die Versuchsaufbauten, die zum weißen und zum schwarzen Schatten führen genauer untersucht und verglichen. Es fällt sofort auf, dass man einerseits eine Punktlichquelle für den schwarzen Schatten benötigt und eine Stableuchte für den weißen. Die Funktion des kleinen Schattengebers vor der Stableuchte ist vorerst unklar.
Ein weiteres Experiment versucht zuerst zu ergründen, warum es verschiedene schwarze Schatten gibt. Der Würfel wird ersetzt durch eine undurchlässige Mattscheibe, die als Schattengeber fungiert. Benutzt werden zum einen eine Experimentierleuchte als Punktlichtquelle und eine modifizierte Stableuchte. Sie ist so präpariert, dass auf beiden Enden passende Pappzylinder gesteckt werden, die je nach Bedarf vor die Lampe zu schieben sind, um unterschiedlich viel Lichtfläche preis zu geben (siehe Bild).

Stableuchte

Einige Schüler werden gebeten, sich die Lampe aus Sicht der Projektionsfläche anzuschauen. Im Falle der Punktleuchte ist außerhalb des Schattens die gesamte Lichtquelle zu sehen, im Schattenbereich nichts von derselben. Von aussen betrachtet ergibt sich unteres Bild 1.
Nun wird die Stablampe eingesetzt und mit Hilfe der angebrachten Pappzylinder relativ viel Leuchtfläche verdeckt (Bild 2). Bild 3 gibt eine größere Öffnung wieder und in Bild 4 wird die gesamte Ausdehnung der Stableuchte ausgenutzt. Wieder müssen einige Schüler den Gang durch die Schattenräume gehen. Im Gegensatz zum "Alles oder Nichts" der Punktlichtquelle sind Übergänge zu beobachten; Bereiche, in denen nur Teile der Lichtquelle zu sehen sind.
Den Schülern wird auf diese Art eine Vorgehensweise einverleibt, die wir das  Prinzip Ameise nennen und auf das im Laufe des Unterrichtsganges immer wieder zurückgekommen wird. Der Schatten wird demzufolge als der Raumbereich deklariert, von dem aus die Lichtquelle entweder gar nicht oder nur teilweise zu sehen ist.
Ein  Arbeitsblatt beschäftigt sich mit diesem Thema und greift das Experiment auf.

Punktlichtquelle abgedeckte Stablampe
weniger abgedeckte Stablampe Stablampe

Das Prinzip Ameise

Das  Arbeitsblatt wird intensiv mit Hilfe ein OH-Folie besprochen. Der Aufgabenteil zur ausgedehnten Lichtquelle wirft wahrscheinlich einige Probleme auf, die jedoch gemeinsam gelöst werden kann. So wird zur Bestimmung des Blickfeldes der imaginären Ameise möglicherweise oftmals nur eine Hilfslinie eingezeichnet, die für die Lösung dieses Aufgabenteils aber nicht ausreichend ist.

Es folgte der erste Schülerversuch. Das zugehörige  Arbeitsblatt leitet die Schüler dazu an, sich intensiver mit der Entstehung der Übergangsschatten (dieser Begriff wird zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeführt) auseinanderzusetzen:

Ü,bergangsschatten Kernschatten

Was würde nun eine Ameise von der Lichtquelle sehen, wenn es sich an der Projektionsfläche entlang bewegt?
Sie wird einem hellen und einem dunklen Schatten begegnen. Der helle (Übergangs-)Schatten ist nun an denjenigen Orten anzutreffen, von denen die Lichtquelle teilweise zu sehen ist. An Orten des dunklen (Kern-)Schattens ist wiederum nichts mehr von der Lichtquelle zu erkennen.
Der "Schattenraum" wird definiert als die Gesamtheit aller Orte, von denen die Lichtquelle nicht vollständig wahrgenommen werden kann. Der Schatten wiederum ist die Projektion des Schattenraumes auf ein Hindernis. An der Tafel wird gemeinsam eine Zeichnung entwickelt, aus der man die Herkunft des Übergangs- und des Kernschattens ersehen kann. Diese Fachbegriffe werden im Zuge dessen eingeführt.

Übergangsschatten

Erklärung des weißen Schattens

Im Grunde ist der weiße Schatten mit den bisher erlangten Mitteln, insbesondere dem  Prinzip Ameise, ein nicht allzu großes Problem. Wieder wird ein Schüler nach vorne in den Schattenraum des zuvor aufgebauten Experiments zum weißen Schattens gebeten. Diesmal wird anstelle des relativ komplizierten Würfels der Schüler selber als Schattengeber missbraucht. Besonders schöne Bilder ergeben sich, wenn der Schüler seine Arme austreckt und die Abdeckung vor der Lampe hin- und her bewegt wird.
Nachdem die Aufmerksamkeit der Schüler geweckt wird, soll ein simpler Stab (in diesem Fall war es ein 1 Meter-Lineal) die Rolle des Schattengebers spielen. Der bereits vorne befindliche Schüler stellt sich vor der Projektionswand auf und seine Beobachtungen schildern. Während ihn die Mitschüler im Bereich des weißen Schattens sehen, kann er erkennen, dass der Schattengeber und die Abdeckung der Lampe genau übereinander liegen:

weißer Schatten von links weißer Schatten zentral weißer Schatten von rechts

Befindet sich der Schüler etwas links (Bild 1) bzw. rechts (Bild 3) von der Mitte, sieht er sowohl den Schattengeber, als auch die Abdeckung vor der Lampe. Bewegt er sich weiter in die Mitte, überdecken sich beide, er kann mehr von der Lampe sehen, was bedeutet, dass es dort heller ist als in den Bereichen drumherum. Demzufolge ist eine Stablampe und die Abdeckung für dieses Experiment unentbehrlich. Man erkennt außerdem, dass vom Ort der Bildentstehung aus gesehen beide die gleiche Größe haben sollten.

Verschiedene Schattenformen

Das Aussehen eines Schattens hängt unmittelbar mit der dazugehörigen Lichtquelle zusammenhägt. In dieser Einheit wird diese Erkenntnis auf die Spitze getrieben mit dem Ziel, die Form einer Lichtquelle nur anhand des Schattens vorauszusagen. Neben der bekannten Punkt- und Stableuchte kommt eine Ringleuchte zum Einsatz, die vor den Schülern versteckt gehalten wird.
Ein  Arbeitsblatt wird herausgegeben und durch gemeinsames Beobachten ausgefüllt. Als Schattengeber stehen ein großes Kreuz, ein dreieckiges Loch, sowie das dazugehörige Negativ, sprich: ein dreieckiger Schattengeber in der gleichen Größe zur Verfügung. Jede Lampe beleuchtete nacheinander die unterschiedlichen Schattengeber. Was nach Experimentieren mit der Punktleuchte zu erwarten ist, bestätigte sich bei den Stableuchten nicht: Der Schatten hat nicht etwa die Form des Schattengebers, sondern die der benutzten Lampe! Nach anfänglicher Irritation sagen die Schüler erfahrungsgemäß aber ohne Probleme voraus, dass es sich bei der letzten Lampe um eine Ringleuchte handelt.
Einige Beispiele:

Schatten eines Kreuzes und einer Stablampe Schatten eines Dreiecks und einer Ringlampe Schatten eines Dreieckloches und einer Ringlampe

Die Lochkamera

Der Schritt zur Lochkamera ist nach der letzten Einheit ein kleiner: Man hat festgestellt, dass der Schatten die Form der Lichtquelle wiedergibt. Unsere Umwelt besteht aus vielen Lichtquellen, denn ein Baum reflektiert das Sonnenlicht und kann für den Beobachter als solche interpretiert werden. Das Prinzip der Lochkamera baut darauf auf.
Ein wiederholtes Mal wird der Klassenraum komplett abgedunkelt. In einer der Jalousien des Klassenraumes wird ein zuvor geschlossenes Loch geöffnet und abgewartet. Je länger sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnen, umso mehr Details werden sichtbar. In einer unserer Unterrichtstunden entstanden nach einiger Zeit des Beobachtens langsam rechteckige Konturen an der Decke des Raumes, auf dem Boden konnte man feine, seltsame Verzweigungen erkennen. Es wurde festgestellt, dass es sich bei den Objekten an der Decke um die unten parkenden Autos handelte. Die Verzweigungen auf dem Boden wurden als Äste des vor dem Gebäde stehenden Baumes identifiziert. Mit Hilfe einer durchlässigen Mattscheibe, die direkt vor das Loch gehalten wird, kann man auch den letzten zweifelnden Schüler überzeugen.
Es stellt sich nun die Frage, warum Dinge, die in Wirklichkeit unten stehen, oben an der Decke zu sehen sind bzw. andersherum und warum das entstehende Bild seitenverkehrt ist? Ein Versuch soll dies klären.

Ein drehbares Gelenk wird am Lehrerpult befestigt, das als Halterung für einen langen Stab dient. Auf der Spitze dieses Stabes steckt ein Schwamm, der sich in erreichbarer Nähe zur Tafel befindet.

Prinzip einer Lochkamera

Aufgabe eines Schülers ist nun, mit verbundenen Augen und dem Stab ein großes "L" an die Tafel zu malen. Im Idealfall sollte auf der Tafel ein auf dem Kopf stehendes, seitenverkehrtes "L" erscheinen. Es kann vorkommen, dass die Schüler bereits einen Schritt weiter denken und den Stab so führen, dass tatsächlich ein richtiges "L" auf der Tafel entsteht. Der Zweck der Übung kann aber auch in diesem Fall in einer Diskussion geklärt werden.

Basteln einer Lochkamera

Für eine kleine Lochkamera für jeden der Schüler werden folgende Materialien benötigt:

  • 1 DIN A4-Blatt schwarzes Kartonpapier (besonders preisgüstig ist ein DIN A2-Karton, zerlegt in kleinere Teile)
  • schwarzes Klebeband
  • Pergamentpapier
Zu Beginn wird die A4-Pappe in zwei gleich große Teile zerschnitten. Ein Teil wird zu eine Rolle gerollt und mit einem Stück Klebeband fixiert. Die andere Pappe wird innerhalb dieser Rolle aufgerollt, so dass eine weitere Rolle entsteht, die genau in die erste passt. Auch diese Pappe wird mit Klebeband versehen.
Die kleinere Rolle wird auf ein Stück Pergamentpapier gestellt, und der Umfang mit einem Stift übertragen. Dieser Kreis wird sternförmig aus dem Papier herausgeschnitten (das werden die Klebelaschen) und über die eine Öffnung der kleineren Röhre geklebt. Das Ende der anderen Röhre wird mit dem Klebeband großzügig zugeklebt und mit einem kleinen Loch versehen.
Nun steckt man beide Röhren so ineinander, dass man in die kleinere Röhre hineinsehen kann, ohne das Licht in den Sichtraum fällt. Fertig ist die Lochkamera!
Zum Abschluss wird der Schulhof mit den Schülern und der Kamera entdeckt.

 Weiter